Ob das Jobcenter die Leistungen kürzen darf, wenn ein Hartz-4-Empfänger einen Anspruch auf Schmerzensgeld hat, erfahren Sie in diesem Ratgeber.
Inhalt
Schmerzensgeld & Hartz 4 – Die Gesetzeslage
Welches Einkommen bei der Berechnung von ALG 2 heranzuziehen ist und welches nicht berücksichtigt wird, ist im Zweiten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB II) geregelt.
§ 11a Absatz 2 SGB II ist hier eindeutig:
„Entschädigungen, die wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, nach § 253 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs geleistet werden, sind nicht als Einkommen zu berücksichtigen.“
Die Gesetzeslage scheint also eindeutig zu sein. Nach dem Wortlaut des § 11a Abs. 2 SGB II wird Schmerzensgeld nicht auf Hartz IV angerechnet.
Diese Geldentschädigung dient dem Geschädigten einerseits als Genugtuung für erlittenes Unrecht. Andererseits soll sie ihm einen Ausgleich für erlittene Schmerzen und Beeinträchtigungen bieten.
Die Rechtsprechung zu Schmerzensgeld & Hartz 4
Trotzdem kommt es in Fällen, in denen Hartz-IV-Empfängern eine Entschädigung für immaterielle Schäden gezahlt wird, immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten. Die Jobcenter vertreten mitunter die Auffassung, dass Schmerzensgeld doch anzurechnen sei und kürzen den ALG 2-Bezug entsprechen.
So urteilte das Sozialgericht Aachen (Urteil vom 03.02.2009, Az. S 23 AS 2/08), dass ein Schmerzensgeld nicht auf Hartz 4 anrechenbar sei und dementsprechend vom Jobcenter nicht als Einkommen oder Vermögen gewertet werden dürfe.
Als Argument führten die Sozialrichter an, dass eine solche Geldleistung für Nichtvermögensschäden eben nicht der Sicherung des eigenen Lebensunterhalts diene.
Eine ähnliche Auffassung vertrat auch das Bundessozialgericht in Kassel in seinem Urteil vom 15.04.2008 (Az. B 14/7b AS 6/07 R), als es eine Anrechnung von Schmerzensgeld auf Hartz IV ablehnte:
Wird das Schmerzensgeld auf Hartz 4 angerechnet, so stelle diese Verwertung eine „besondere Härte“ im Sinne des § 12 Absatz 3 Satz 1 Nr. 6 (2. Alternative) SGB II für den ALG 2-Bezieher dar.
Fazit zu Hartz 4 und Schmerzensgeld: Anrechnung in der Regel rechtswidrig
Jobcenter dürfen das ALG 2 grundsätzlich nicht kürzen, weil ein Leistungsbezieher Schmerzensgeld erhalten hat.
Aus diesem Grund ist folgendes Vorgehen ratsam:
- Heben Sie sämtliche Unterlagen auf, mit denen Sie nachweisen können, dass es sich um eine Schmerzensgeldzahlung handelt.
- Wenden Sie sich im Falle einer Leistungskürzung gegebenenfalls an einen Rechtsanwalt für Sozialrecht. Dieser kann Sie dabei unterstützen, die volle Leistung zu erlangen.
- Hartz-4-Empfänger können aufgrund ihres geringen Einkommens gewöhnlich Beratungshilfe und Prozesskostenhilfe beanspruchen.
Von der Frage, ob Schmerzensgeld auf Hartz 4 anrechenbar ist, ist eine weitere Problematik zu unterscheiden: Kann das Jobcenter auf Schmerzensgeld verklagt werden?
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